Hohes Unfallrisiko

Bau- und Montagearbeiten sind mit einem besonders hohen Unfallrisiko verbunden. Dabei ziehen insbesondere die Absturzunfälle oftmals die schwersten Verletzungen nach sich.

Die seit 1998 geltende Baustellenverordnung nimmt den Bauherrn in die Pflicht, Maßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz auf den Baustellen zu veranlassen. Geeignete Maßnahmen zur Absturzsicherungen bilden dabei einen Schwerpunkt. Jedoch befreit die Pflicht des Bauherren, nicht die am Bau beteiligten Firmen von ihren Verpflichtungen oder Verantwortlichkeiten, für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Ausführung der jeweiligen Arbeiten.

Schon bei der Planung des Bauvorhabens, insbesondere in der Abfolge der Gewerke, die zeitliche und örtliche Überschneidungen aufweisen, sind die allgemeinen Grundsätze nach §4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zu beachten. Die Arbeit ist unter anderem der Art zu gestalten, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit vermieden, oder Restgefährdungen minimiert werden.
Weiterhin sind kollektive Schutzmaßnahmen dem individuellen Schutz vorzuziehen. Dies ist auch bei der Ausschreibung der einzelnen Leistungen zu berücksichtigen, damit Firmen die vorgesehenen Schutzeinrichtungen und Sicherheitsmaßnahmen in ihrem Angebot berücksichtigen, bzw. separat notwendige weitergehende Schutzeinrichtungen und Maßnahmen anbieten können.

Die für an baulichen Einrichtungen erforderlichen Schutzmaßnahmen regelt die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) BGV C22 (früher VBG 37) "Bauarbeiten".
Konkrete Ergänzungen dazu liefern die berufsgenossenschaftlichen Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

Zum sicheren Arbeiten auf Baustellen gehören grundsätzlich sichere Verkehrswege, sichere Arbeitsplätze und wirksame Absturzsicherungen.

Wirksamen Absturzsicherung

In Bezug auf die Wirksamkeit von Absturzsicherungen listet der §12 der UVV "Bauarbeiten" folgende Maßnahmen auf:

1.     Einrichtungen, die ein Abstürzen ausschließen (Seitenschutz, Geländer, Abdeckungen von Öffnungen im Boden und in Wänden, Absperrungen).

2.     Einrichtungen, die abstürzende Personen auffangen (Schutznetze, Fanggerüste und Schutzwände auf geneigten Flächen)

3.     Anseilschutz, wenn die zuvor genannten Einrichtungen "unzweckmäßig" sind.

Die beste Maßnahme ist immer die Einrichtung, die Personen vor dem Absturz bewahrt. Dabei gehören die beiden ersten Einrichtungen zu den kollektiven (zwangsläufigen) Maßnahmen, während der Anseilschutz individuell wirkt, und dies nur dann, wenn er richtig benutzt wird. Überdies sind Absturzsicherungen bei Bau- und Montagearbeiten von der Tätigkeit abhängig.
Öffnungen in Böden, Decken und Dachflächen müssen mit Einrichtungen versehen sein, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten von Personen verhindern. Bei kleinen Bodenöffnungen reicht in der Regel eine Abdeckung aus. Diese muss aber ausreichend tragfähig, sicher befestigt und gegen das Wegrutschen gesichert sein. Unabhängig von der Absturzhöhe sind an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen an und über Wasser sowie anderen festen oder flüssigen Stoffen (Flüssigkeiten, Schlamm, Zement) Absturzsicherungen zu installieren.

Bei mehr als einem Meter Absturzhöhe sind an freiliegenden Treppenläufen und -absätzen, Wandöffnungen sowie Bedienungsständen für Maschinen Absturzsicherungen vorzusehen.

Bei mehr als zwei Metern Absturzhöhe müssen an allen sonstigen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf Baustellen Absturzsicherungen vorhanden sein.

Bei mehr als fünf Metern Absturzhöhe müssen beim Mauern über Hand und bei Arbeiten an Fenstern Absturzsicherungen vorhanden sein. Zu den zulässigen Tätigkeiten an Fenstern zählen beispielsweise Maler- und Gebäudereinigungsarbeiten, nicht jedoch der Ein- und Ausbau von Fenstern.

Sonderfälle sind Absturzsicherungen bei mehr als drei Metern Absturzhöhe für Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Dächern.

Auch die Absturzsicherung selbst, zum Beispiel Rüstungen oder an einem Rollgerüst, müssen nicht nur intakt sondern auch vollständig vorhanden sein. Manchmal werden diese vor Ort „ kurzfristig mal abgebaut“, um die Arbeit bzw. den Zugang „zu erleichtern“. Neben der Tatsache, dass dies schnell zu Abstürzen führen kann, ist dieses grob fahrlässige Verhalten, im Falle eines daraus resultierenden Unfalles, für denjenigen, der eine Absturzsicherung abbaut, bzw. abbauen lässt, strafbewährt.

Abstürze und ihre Ursachen

Die Analyse erfolgter Absturzunfälle bringt insbesondere folgende Unfallursachen an den Tag:

-      Mangelhafte Planung und Arbeitsvorbereitung,

-      unzureichende oder fehlende Koordination bei gleichzeitiger Tätigkeit mehrerer Unternehmen auf der Baustelle

-      mangelhafte oder fehlende Absturzsicherung an Arbeitsplätzen bzw. an Gebäuden

-      Durchbruch durch "nicht begehbare Bauteile" wie Faserzement-Platten, Glasdächer oder Lichtkuppeln etc.

-      Nichtbenutzen von Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz  

-      fehlende Unterweisung der Versicherten zum sicheren Verhalten auf Baustellen,

-      sicherheitswidriges Verhalten

Zusammenfassend gilt:

Absturzunfälle auf Baustellen können durch verantwortungsbewusstes Handeln aller Beteiligten vermieden bzw. minimiert werden. Neben allen technischen Maßnahmen wie Absturzsicherungen sind vor allem konkrete Absprachen und Festlegungen vor Ort, sowie gegenseitige Rücksichtnahme aller Gewerke  Grundvoraussetzungen für ein koordiniertes, sicheres Arbeiten. Weiterhin ist besonders zu beachten, dass die eigene Arbeitsausführung auch Gefährdungen für andere auf der Baustelle arbeitende Mitarbeiter darstellen können. Jeder sollte sich also seiner Verantwortung für ein sicheres Arbeiten auf den Baustellen bewusst sein.

Jörn Skalden
Fachkraft für Arbeitssicherheit