Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ( FASI-INFO Nr. 42 )

Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durchzuführen gehört zu den gesetzlichen Pflichten eines Unternehmens die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und Belastungsfaktoren aus der Arbeitsaufgabe, -umgebung, -organisation und Arbeitszeitgestaltung zu ermitteln; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beteiligen und mit ihnen Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln, umzusetzen und ihre Wirksamkeit zu prüfen.
Insbesondere bei der erstmaligen Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ist eine vorgeschaltete Bestandsaufnahme empfehlenswert.

Hierbei werden vorhandene betriebliche Daten analysiert, um festzustellen, bei welchen Tätigkeiten und Arbeitsplätzen möglicherweise Gesundheitsgefährdungen durch arbeitsbedingte psychische Belastung vorliegen können u.a.

 

  • Auffälligkeiten bei Unfallzahlen,
  • Krankenstand und Fehlzeiten,
  • hohe Fluktuation,
  • unzureichende Gleichstellung,
  • Arbeitsplatzunsicherheiten (u.a. Befristungen),
  • Qualitätsmängel (Arbeitsmittel, Hygiene),
  • Demographischer Wandel (Neueinstellungen),
  • Unterdurchschnittliche Bezahlung,
  • Bonus-, Prämiensysteme,
  • hohes Gewaltpotenzial/Übergriffe,
  • häufige Arbeitszeitüberschreitungen,
  • mangelnde Mitarbeiterbeteiligung,
  • Qualifizierungsmöglichkeiten,
  • Drohende Insolvenz, gravierende Umstrukturierungen,
  • Angebot und Wahrnehmung arbeitsmedizinischer Vorsorge,
  • Sprach- und kulturelle Barrieren,
  • Stabilität der Arbeitsprozesse etc.

Herangezogen werden können zudem Hinweise der Beschäftigten sowie Beobachtungen der Führungskräfte etwa

 

  • Unzufriedenheit und Resignation,
  • verstärktes Rückzugsverhalten bei den Mitarbeitern,
  • häufige Konflikte und disziplinarische Probleme,
  • Kompetenzstreitigkeiten etc.

Auch wenn mit subjektiven Aussagen grundsätzlich kritisch umgegangen werden muss, können sich aus der Auswertung erste Anhaltspunkte für eine Priorisierung der durchzuführenden Beurteilung und eine Fokussierung auf bestimmte Bereiche und Arbeitsplätze ergeben.


In größeren Unternehmen können ggf. auch aus Gesundheitsberichten der Krankenkassen weitere Daten entnommen werden z. B. zu

 

  • Ausfallzeiten,
  • Art der Diagnosen,
  • Unfallgeschehen

Die Auswertung sollte, bezogen auf die überprüften Arbeitsbereiche und Tätigkeiten, dokumentiert werden.
Die ermittelten Hinweise und Indikatoren auf mögliche Gefährdungen der Gesundheit können sehr vielfältige Ursachen haben und müssen nicht zwangsläufig auf arbeitsbedingte psychische Belastungen hindeuten.
Die Ursachen können beispielsweise auch im privaten Bereich der Beschäftigten liegen. Deshalb ist in der Regel nach einer ersten Bestandsaufnahme eine weitergehende Untersuchung der Arbeitsbedingungen auf mögliche arbeitsbedingte Belastungsfaktoren erforderlich, ggf. die Einbeziehung weiterer Stellen, u.a. betriebliche Konflikt-, Sucht-, Sozialberatung, EAP, Outplacement-Beratung, erforderlich.